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How to become a Bäuerin published on

How to become a Bäuerin

Lektion 1: Die Intendanten-Frage oder das Chefitäten-Problem

Als ich von Wien zurück auf unseren elterlichen Biobauernhof zog, dachte ich mir: „ Ich tu das, weil ich nicht mehr im Theater arbeiten will. Ich tausche Schauspieler gegen Ziegen das Leben wird erdiger, idyllischer zufriedener. Interessant. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, daher sollte ich ja wissen, dass es nicht so weit her ist mit der Idylle. Aber egal, Idylle hin oder her, jetzt bin ich da… mitten im Burgenland, und eigentlich mag ich’s ja. Ich darf hier sozusagen meinen eigenen Betriebszweig (Ziegenmilch und Ziegenkäse) aufbauen. Ich mag meine Tiere, bin stolz auf unseren Käs und steh’ im Großen und Ganzen jeden Tag gern auf zum Melken. Aber womit ich wirklich nicht gerechnet hätte (also in diesem Ausmaß), ist die Frage nach dem direkten Vorgesetzen.

Im Theater war das eindeutig geklärt. Das Sagen hat der Intendant. Klare Ansage- klares Feindbild. Kein Problem. Die Grundidee bei dieser ganzen Selbständigkeitsgeschichte war, dass ich Dinge so lösen darf, wie ich will. Meine eigenen Ideen umsetzen und selbst verantwortlich sein für Haus und Hof. Der Berufsstand der Bauern eignet sich ja ideal dafür. Gebe es ein Jobprofil, würde unter anderen Dingen auch drinnen stehen:“ Muasst selbst schauen, wo’sd bleibst.“ Eigenverantwortung: juhu! Eigentlich hat man als Bauer oder Bäuerin ja nur einen unantastbaren Vorgesetzen: das Wetter (und die Raika und die AMA und die ABG und diverse andere- egal).

Bei mir scheint sich das anders zu verhalten. Ich bin von einer teilweisen Selbständigkeit in ein völliges Arbeitnehmertum gerutscht. Da wären nun mal die Chefin und der Chef, sprich meine Eltern, die Bauersleut). Und dann wär da noch: ICH (irgendwann mal Bäuerin- hoffentlich).Wir können mir also alle drei anschaffen, dass ich, zum Beispiel den Stall ausmisten muss. Klasse. Trotzdem passiert’s nicht schneller. Aber Gott sei Dank ist sich die Mehrheit darüber einig, dass es genau jetzt passieren muss.

Des Weiteren gibt es auch genau eine Art, alle Dinge richtig zu machen und die kann ich mir anscheinend nicht merken. Schwierig. Alle Gerätschaften scheinen davon abhängig zu sein. Ich schwöre, jede dieser Maschinen (vom Traktor bis zur Mistgabel) hat einen eigenen Willen. Und wenn man sie woanders abstellt oder verkehrt herum hinstellt oder auch nur anders anschaut, als die Bäuerin und der Bauer das tun, dann ist das FALSCH. Falsch für Haus und Hof, das Leben und auch sonst alles. Und das Gruselige ist, dass dies bei ein paar der Sachen auch stimmt. Bis jetzt war es mir aber noch nicht möglich herauszufinden, wann ich die Dinge wirklich so lösen sollte, wie es mir meine Chefitäten auftragen und wann ich es einfach anders machen könnte.

Die Schlussfolgerung ist jetzt also folgende: Ihr sagt mir, was ihr wollt und ich mach’s, wie ich will. Schau ma mal, dann sehn ma schon. Und das steht ja wohl auch im Jobprofil der Bauernschaft: Beratungsresistent.

Lektion 1: Check

von Andrea Klampfer,  derzeit noch grund-lose Bio-Ziegenbäuerin im Burgenland