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Fakten zeigen: Es braucht eine sozial-ökologische Agrarwende! – Agrar-Atlas zeigt aktuelle Probleme auf und präsentiert Lösungen published on

Fakten zeigen: Es braucht eine sozial-ökologische Agrarwende! – Agrar-Atlas zeigt aktuelle Probleme auf und präsentiert Lösungen

Foto: FIAN

Heute erscheint die von der Heinrich Böll Stiftung gemeinsam mit GLOBAL 2000 herausgegebene österreichische Ausgabe des Agrar-Atlas (1), ein europaweites Rechercheprojekt zur EU-Landwirtschaft. Darin wird anhand vieler Fakten und Grafiken klar belegt, dass es dringend eine sozial-ökologische Wende in Richtung Agrarökologie braucht. Der Atlas ist für eine breite Öffentlichkeit verständlich und anschaulich aufbereitet.

„Die Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung (ÖBV) begrüßt diese Veröffentlichung als wertvollen Beitrag für die öffentliche Debatte über die Zukunft unserer Lebensmittel und die aktuelle Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). Der Agrar-Atlas zeigt deutlich: Das geht uns alle an!“, so Johann Kriechbaum, Obmann der ÖBV-Via Campesina Austria.

Folgende Erkenntnisse sind aus Sicht der ÖBV-Via Campesina Austria besonders hervorzuheben:

  • Die Förderung und die Bevorzugung von Großbetrieben und Agrarindustrie und das Modell „Wachsen oder Weichen“ muss endlich ein Ende haben – in ganz Europa! Die Fortsetzung dieses Modells hat keine Antworten für die Zukunft zu bieten. Intensivbetriebe verursachen europaweit gravierende Probleme, die von Höfesterben und Wasserverschmutzung über Artensterben bis hin zu Kontaminationen mit Pestiziden reichen. Aktuell werden Agrarindustrie und Intensivbetriebe auf Kosten der kleinbäuerlichen Landwirtschaft gefördert.

  • Für Österreich gilt wie für die ganze EU: Der mit Abstand größte Teil der finanziellen Fördermittel wird immer noch für Flächenprämien gezahlt. An diese sind keine Maßnahmen geknüpft, um Ökologie, Biodiversität oder Soziales zu fördern. Die Flächenförderung ist mit vielen Problemen verbunden: Sie führt zu Landkonzentration und Höfesterben, ungerechter Verteilung, Barrieren für Existenzgründer*innen und verschärft die ökologischen Probleme. Mit dieser Konstruktion widersprüchlicher Zielsetzungen untergräbt die GAP ihre eigenen Ziele und vergibt Chancen für wirkliche Lösungen.

  • Kürzungen bei der Ländlichen Entwicklung, sowie die fortgesetzte Exportorientierung sind der falsche Weg. Die Machtkonzentration im Agrar- und Lebensmittelsektor ist ein zentraler Grund, warum ein echter sozial-ökologischer Wandel bisher ausbleibt.

  • Der dringende Handlungsbedarf ist sowohl auf EU-Ebene, als auch in Österreich offenkundig. Das darf in der aktuellen GAP-Reform nicht mehr ignoriert werden. Eine Renationalisierung ist der falsche Weg, vielmehr braucht es gemeinsame Ziele und Strategien des Wandels.

Die ÖBV-Via Campesina Austria fordert stattdessen folgende Lösungen:

  • Förderungen nach Arbeitskraft statt nach Fläche und eine Ausrichtung an sozialen und ökologischen Kriterien. Wenn aber – wie es derzeit abzusehen ist – an der Flächenförderung festgehalten wird, dann braucht es eine klare Umverteilung. Wir fordern die doppelte Förderung der ersten 20 Hektar und gestaffelte Fördersätze bis zu einer Obergrenze von 25.000 Euro.

  • Agrarökologische Klein- und Mittelbetriebe, die soziale und ökologische Kriterien einhalten, besonders fördern. Dafür braucht es eine entsprechende Regulierung der Märkte. Das schafft gute Arbeitsplätze und Einkommen, belebt ländliche Regionen, sichert die Zukunft der Landwirtschaft auch für kommende Generationen und ist gut für Klima, Biodiversität und Tierwohl.

  • Demokratisierung und Ernährungssouveränität statt Machtkonzentration und Kontrolle in Händen von wenigen.

  • Arten- und Klimaschutz belohnen: zum Beispiel im Bereich der klimaschonenden Tierhaltung, in der gerade viele Berg- und Kleinbetriebe besondere Leistungen für die Gesellschaft erbringen. Betriebs- und Mengenausweitungen sollen nicht gefördert werden. Stattdessen sollen Existenzgründer*innen von agrarökologischen Betrieben oder Umbaumaßnahmen für mehr Tierwohl ins Zentrum gerückt werden.

  • Um tatsächliche Lösungen voranzubringen, braucht es über die Agrarpolitik hinaus eine übergreifende demokratische Lebensmittelpolitik, die Agrar- und Handelspolitik mit Klima-, Gesundheits- und Raumordnungspolitik in Einklang bringt. Ernährungssouveränität und Agrarökologie bieten die Grundlage für diesen sozial-ökologischen Wandel.

„Bisherige Erfahrungen zeigen, dass gerade die mächtigsten Player die kleinbäuerliche Landwirtschaft gerne vor ihren Karren spannen und dahinter ganz andere Interessen verstecken. Damit wird die Öffentlichkeit getäuscht. Stattdessen fordern wir eine realistische und offene Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft. Realistisch heißt für uns: Weiter wie bisher ist keine Option. Ernährungssouveränität jetzt!“, so Franziskus Forster von der ÖBV-Via Campesina Austria abschließend.

Rückfragehinweis:

Franziskus Forster
ÖBV-Via Campesina Austria, Referent für Öffentlichkeitsarbeit
, +43-650-68 888 69

Hintergrundinformationen:

(1) Heinrich Böll Stiftung/GLOBAL 2000 (2019): Agrar-Atlas. Daten und Fakten zur EU-Landwirtschaft 2019. Download unter: http://www.global2000.at/publikationen/agrar-atlas