„Jede einzelne Klage wird teuer. Die Finanzkrise zeigt: Es kann rechtens gewesen sein, dass Konzerne ‚too big to fail‘ waren, aber das heißt überhaupt nicht, dass das gerecht oder demokratisch legitim war, diese zu ‚retten‘. Im Agrar-, Öl-, IT- und Bankensektor ist Konzernmacht bereits jetzt viel zu groß. Ihnen nun Sonderrechte einzuräumen ist fahrlässig. Ebenso war es rechtens, dass CETA zu 90 % durch Konzernlobbying entstanden ist, aber das heißt nicht, dass das gerecht ist. Genauso verhält es sich mit Sonderklagerechten für Konzerne.“ so Franziskus Forster von der ÖBV-Via Campesina Austria. „Unsere Lebensmittel, bäuerliche Einkommen und auch die Gentechnikfreiheit werden durch dieses Abkommen direkt und indirekt bedroht.“
Viele Beispiele von Klagen nach anderen Investitionsschutzabkommen zeigen, dass diese offensichtlich ungerecht und undemokratisch sind (1). Zum Beispiel zeigt ein Brief des österreichischen Holzindustriellen Schweighofer an die rumänische Regierung: Konzerne benutzen ihre Sonderrechte, um Regierungen unter Druck zu setzen und nehmen so auf Gesetzgebungsprozesse in gewählten Parlamenten Einfluss. Bereits dieses zusätzliche Druckmittel ist ein Sonderrecht, das demokratische Prozesse aushöhlt. Dass dies in formalen Argumentationen nicht berücksichtigt wird, ist Teil des Problems.
„Konzerne sollen Staaten klagen dürfen: Die Rechnung dafür zahlen Staaten und damit Mensch und Umwelt. Man würde nun wohl gerne zur Tagesordnung übergehen, aber die Rechnung wird ohne Bauern und Bäuerinnen, Arbeitnehmerinnen, Steuerzahlerinnen, Esser*innen und unser Klima gemacht.“ so Forster weiter. (2)
Die ÖBV fordert, ISDS grundsätzlich in allen EU-Verträgen abzuschaffen. Die EU-weite Petition „Rechte für Menschen, Regeln für Konzerne – Stopp ISDS“ fordert neben dem Aus für ISDS auch verbindliche Regeln, mit denen Konzerne weltweit für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden können. Sie wurde bereits von mehr als 550.000 Menschen unterzeichnet. (3)
„Mit CETA wurde ein transatlantisches Schiff gebaut. Auf diesem Schiff werden Konzerne Schritt für Schritt verkünden: ‚Das Boot ist voll, es ist kein Platz für die Ansprüche von Bauern und Bäuerinnen, Umwelt- und Klimaziele, Tierschutz, Arbeitnehmer*innenrechte oder das Vorsorgeprinzip.‘ In den nächsten Jahren wird die Konzernmacht weiter wachsen. Bereits jetzt ist Konzernmacht eines der größten Hemmnisse für soziale, ökologische und demokratische Fortschritte. Dass in dieser Lage Sonderrechte für Konzerne anerkannt werden, schreit zum Himmel. So kann es nicht weitergehen.“ so Forster abschließend.
Hintergrund:
(1) Siehe zum Beispiel die Drohung des österreichischen Holzindustriellen Schweighofer gegen Rumänien). ISDS wird dafür genutzt, um Regierungen unter Druck zu setzen oder gar zu erpressen. Rumänien plante einen Gesetzesvorschlag zur Begrenzung der Monopolmacht und erhielt daraufhin einen Drohbrief von Schweighofer (siehe schwarz auf weiß im Original hier ). Schweighofer ist in den vergangenen Jahren zum mit Abstand größten Holzunternehmen in Rumänien aufgestiegen. Dieser Fall löste massiven Protest in Rumänien aus.
(2) Siehe etwa die neue Studie von Powershift „Under Pressure: Mit Konzernklagen gegen Umweltschutz“ – http://bit.ly/2G8mgnZ
(3) https://www.anders-handeln.at/ – Die Plattform Anders Handeln wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion _ Die Daseinsgewerkschaft, der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via Campesina Austria und wird von rund 50 weiteren Organisationen unterstützt.
Rückfragehinweis:
Franziskus Forster
ÖBV-Via Campesina Austria, Referent für Öffentlichkeitsarbeit
, +43-650-68 888 69