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ECVC begrüßt die EU-Strategie für Generationswechsel in der Landwirtschaft published on

ECVC begrüßt die EU-Strategie für Generationswechsel in der Landwirtschaft

Die ECVC (Europäische Koordination Via Campesina) begrüßt die lange erwartete Strategie für Generationswechsel, welche die Europäische Kommission gestern angesichts der demografischen Krise, welche den Landwirtschaftssektor, ländliche Räume und die Ernährungssouveränität Europas insgesamt gefährdet, präsentiert hat.

Die ECVC begrüßt die Erkenntnis, dass das Fehlen fairer Preise, die über den Produktionskosten liegen und eines angemessenes Einkommens gewährleisten, sowie die Schwierigkeiten beim Zugang zu und Erhalt von Land die größten Hindernisse für Junglandwirte und Neueinsteiger darstellen. Allerdings enthält die Strategie keine Angaben zu den notwendigen Schritten, um faire Preise zu erreichen. Die ECVC fordert seit vielen Jahren die Einführung von Marktregulierungen, um dieses Ziel zu erreichen. Das wiederholte Übergehen dieser wichtigen Forderung – sowohl in der Strategie als auch in der vorgeschlagenen geringfügigen Überarbeitung der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) und der neuen GAP – stellt einen kritischen blinden Fleck und einen Widerspruch in den Vorschlägen der Kommission dar.

Was den Zugang zu Land betrifft, begrüßt die ECVC die Analyse der Kommission, wonach Markt- und Rechtsversagen, spekulative Käufe, Landraub sowie unsichere Besitzverhältnisse die Ursachen für Ungleichheiten in der Verfügung über Land und die Schwierigkeiten junger Menschen beim Zugang zu Agrarland sind. Die ECVC begrüßt die vorgeschlagene Europäische Landbeobachtungsstelle als einen guten ersten Schritt zur Aufdeckung von Ungerechtigkeiten in Bezug auf Land in Europa. Damit die Beobachtungsstelle wirksam arbeiten kann, ist es wichtig, dass ihre Leitung partizipativ ist und bäuerliche Verbände in einen Beratungsausschuss einbezogen werden.

Darüber hinaus ist die Einbeziehung der Strategie in das Europäische Semester ein positives Zeichen, das endlich dazu beitragen kann, die Mitgliedstaaten dazu zu bewegen, über Mechanismen zur Regulierung von Land zu diskutieren, die am besten geeignet sind, eine gerechte Umverteilung von landwirtschaftlichen Flächen zu gewährleisten, wie z. B. Vorkaufsrechte für junge Menschen, Frauen und die Agrarökologie, die Begrenzung der Anzahl der Hektar, die genutzt werden können, und vor allem die öffentliche Kontrolle über die Zuteilung von landwirtschaftlichen Flächen. Um jungen Menschen einen sicheren und langfristigen Zugang zu Land zu garantieren, brauchen wir eine Regulierung der Landmärkte durch eine europäische Landrichtlinie.

Darüber hinaus ist ECVC besorgt darüber, dass Carbon Farming, die Erzeugung erneuerbarer Energien und die Bioökonomie als Quellen der Einkommensdiversifizierung gefördert werden, da diese Ansätze die Landkonzentration und die Finanzialisierung weiter verschärfen. Auch die Betonung der Digitalisierung und anderer neuer Technologien durch die Kommission gibt Anlass zur Sorge. Diese Technologien haben zwar das Potenzial, die landwirtschaftlichen Praktiken zu verbessern, doch dient ihre derzeitige Umsetzung oft als Instrument für die Machtkonzentration von Konzernen. Große Agrarkonzerne, unterstützt durch Freihandelsabkommen und unzureichende politische Rahmenbedingungen, nutzen die Digitalisierung, um ihre Kontrolle über die Lebensmittelproduktion und -verteilung zu auszubauen, wodurch Kleinbäuer*innen an den Rand gedrängt werden und die Ernährungssouveränität gefährdet wird.

Die ECVC begrüßt auch die Forderung nach verbindlichen nationalen Strategien für den Generationswechsel in der Landwirtschaft. Allerdings gibt es einige kritische Punkte im Zusammenhang mit der Übertragung von Zuständigkeiten auf die Mitgliedstaaten, da dies die Ungleichheiten innerhalb des Binnenmarktes verstärken würde. Die ECVC kritisiert auch, dass die Agrarökologie in der Strategie nicht erwähnt wird. Die Steigerung der agrarökologischen Produktion ist sowohl für den Generationswechsel als auch für den Übergang von einem kapitalintensiven Landwirtschaftsmodell zu einem nachhaltigeren Landwirtschaftsmodell, das mit ökologischen und sozialen Grenzen vereinbar ist, von Bedeutung. Ein agrarökologischer Wandel erfordert eine Verdopplung der Zahl der europäischen Landwirte.

Darüber hinaus steht die vorgeschlagene Reform der GAP nach 2027 im Widerspruch zu den von der Kommission festgelegten Zielen. Flächenbezogene Zahlungen gehören zu den Hauptursachen für Schwierigkeiten beim Zugang zu Land, da sie die Landkonzentration fördern. – Und trotzdem stehen sie im Mittelpunkt des GAP-Vorschlags. Die zweite Säule war demgegenüber auch besonders relevant für die Sicherung lebensfähiger ländlicher Gebiete, während ihre Zusammenlegung der Säulen der GAP mit anderen Programmen zu einem einzigen Fonds und die Unsicherheiten aufgrund der Kofinanzierung die Attraktivität des ländlichen Raums für junge Menschen weiter erschweren werden.

Paola Laini, Mitglied des ECVC-Koordinierungsausschusses und der ECVC-Jugendvertretung, betonte: „Um den Generationswechsel zu gewährleisten, brauchen wir eine GAP, die durch eine umfassende Reform der gemeinsamen Marktorganisation (GMO) als Kernstück der GAP für eine Marktregulierung sorgt, die faire Preise gewährleistet. Auch die UTP-Richtlinie (Richtlinie zu Unfairen Handelspraktiken) muss überarbeitet werden, damit Preise, die unter den Produktionskosten liegen, auf die schwarze Liste der unlauteren Praktiken gesetzt werden. Die GAP muss eine Politik der Umverteilung verfolgen, die hektarbezogenen Zahlungen müssen begrenzt werden, und die dadurch freigesetzten Mittel müssen jungen Bäuer*inenn und Kleinbäuer*innen in Form von Zahlungen pro Bäuer*in zugewiesen werden.“ Die Herausforderung des Generationswechsels ist von größter Bedeutung und geht Hand in Hand mit dem Stopp des Höfesterbens in Europa.

 

Kontakte:

Paola Laini – Mitglied des ECVC-Koordinierungsausschusses: hier

Eliaz Moreau – Politischer Referent der ECVC: hier

Franziskus Forster, Politischer Referent der ÖBV – Via Campesina Austria: hier

 

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