Die Europäische Koordination Via Campesina (ECVC) schlägt eine europäische Richtlinie zu Agrarland vor, damit die Landkonzentration gestoppt wird und damit es wieder mehr Bäuer*innen geben kann.
Aus der Zeitschrift „Bäuerliche Zukunft“ Nr. 383
Die ECVC hat 2023 einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zu Agrarland veröffentlicht. Damit wird gezeigt, wie die EU-Institutionen eine gerechte, demokratische und nachhaltige Bodenpolitik umsetzen können, um die Wirtschafts-, Umwelt- und Klimakrise zu bekämpfen und die Ernährungssouveränität zu sichern. Denn ohne Zugang zu Land können Bäuer*innen keine qualitativ hochwertigen Lebensmittel für die Bevölkerung produzieren.
Wie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) [1] anerkannt, ist Agrarland keine Ware wie jede andere, sondern eine wertvolle, knappe und gefährdete Ressource. Im Jahr 2013 kontrollierten 3,1 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Europa 52,2 % des Bodens, während 76,2 % der Betriebe nur 11,2 % der landwirtschaftlichen Flächen besaßen. Die Vergrößerung der landwirtschaftlichen Betriebe führt zu einer Industrialisierung der Bewirtschaftung und das angesichts der Tatsache, dass heute 60-70 % der Böden in der EU degradiert sind.
Landreform
Angesichts dieser Entwicklungen fordert die ECVC seit langem die Umsetzung einer europäischen Richtline für Agrarland. Diese stellt einen Mindeststandard dar, um Landkonzentration und Landgrabbing zu bekämpfen, eine agrarökologische Landnutzung zu fördern und den Generationenwechsel zu unterstützen. Der Vorschlag ist das Ergebnis eines breiten Prozesses, an dem bäuerliche Organisationen aus ganz Europa in Zusammenarbeit mit Verbündeten, sowie mit Wissenschafter*innen und Jurist*innen mitgewirkt haben. Erstens soll dabei eine Analyse des Zustands der Böden in Europa durchführt werden. Dar- über hinaus werden mehrere wichtige Maßnahmen vorgeschlagen: Die Deckelung von Landbesitz und -kontrolle in den Händen von einer Person bei 500 ha, die Einrichtung einer unabhängigen Landbeobachtungsstelle, die Einrichtung von öffentlichen Landbanken, welche Land an angehende Jungbäuer*innen und an agrarökologische Projekte vergeben soll und die Einführung eines Mechanismus zur Umverteilung von Landnutzungsrechten.
Die Notwendigkeit einer europäischen Bodenpolitik wurde auch vom Europäischen Parlament selbst anerkannt. In einem Initiativbericht aus dem Jahr 2017 erkannte das Europäische Parlament [2] den Zugang zu Land als Grundrecht an und forderte eine Harmonisierung der europäischen Bodenpolitik auf der Grundlage der „Freiwilligen Leitlinien zur verantwortungsvollen Regulierung der Land-, Fischbestands- und Waldnutzung“ des Komitees für Welternährungssicherheit (CFS) [3]. Aufbauend auf diesen Empfehlungen fordert die ECVC die EU-Institutionen auf, sich in diese wichtige Debatte einzubringen und bietet ihren Vorschlag für eine transformative Bodenpolitik als Grundlage für diese Arbeit an.
Tove Sundström, Mitglied des ECVC-Koordinierungskomitees, der ECVC-Jugendorganisation und der schwedischen Bauernorganisation NOrdBruk, erklärt: „Der Zugang zu Land ist unser Recht. Die Sicherung dieses Rechts ist notwendig für die Zukunft der europäischen Landwirtschaft. Es muss eine Priorität in der nationalen und europäischen Agrarpolitik sein. Wir fordern als ECVC, dass wir die Zahl der Bäuer*innen bis 2040 verdoppeln, und diese Richtlinie ist eine der wichtigsten Säulen, um dieses Ziel zu erreichen. Die zukünftige EU-Kommission muss das in ihr Arbeitsprogramm aufnehmen“.
Die ECVC bekräftigt, dass es an der Zeit ist, den zukunftslosen und profitorientierten Ansatz in Bezug auf Land zu überwinden und die wichtigen sozialen, kulturellen und ökologischen Funktionen von Land anzuerkennen. Die EU muss handeln, um den Zugang zu Land und die Existenz einer großen Zahl von Bäuer*innen zu gewährleisten. Die Freiwilligen Leitlinien des CFS (s.o.) und Artikel 17 der UN-Erklärung über die Rechte von Bauern und anderen Menschen, die in ländlichen Gebieten arbeiten (UNDROP), müssen die Grundlage jeder Bodenpolitik sein. – Das ist der Kern des Slogans: „Land ist keine Ware, Land ist unser Recht!“
Vorschlag der ECVC für eine Europäische Richtlinie zu Agrarland (EN): hier
Fußnoten:
1 — Official Journal of the European Union (2017/C 350/05): Commission Interpretative Communication on the Acquisition of Farmland and European Union Law
3 — Committee on Agriculture and Rural Development, European Parliament: Report on the state of play of farmland concentration in the EU: how to facilitate the access to land for farmers, 30.3.2017