Position der European Coordination Via Campesina (ECVC), Brüssel, 20. Mai 2020
Heute hat die Europäische Kommission die neue Farm to Fork- und die Biodiversitätsstrategie veröffentlicht. Das Ziel ist, ein faires, gesundes und ökologisches Lebensmittelsystem zu schaffen und die Natur zu schützen. Die beiden Strategien ergänzen sich gegenseitig und verbinden Natur, Bauern und Bäuerinnen, Unternehmen und Konsument*innen, damit sie gemeinsam in Richtung einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Zukunft arbeiten. Hier können Sie mehr darüber lesen.
Es wird zwar anerkannt, dass die Covid-19-Pandemie klar zeigt, wie wichtig ein robustes und resilientes und unter allen Umständen gut funktionierendes Lebensmittelsystem ist und dass die Nachfrage nach kürzeren Lieferketten in der aktuellen Krise zugenommen hat. Jedoch greift die Kommission diese Forderungen der Gesellschaft nicht angemessen auf.
Die Farm to Fork-Strategie misst der kleinbäuerlichen Landwirtschaft nicht den hohen Wert zu, der ihr im Umbau und bei der Erneuerung des nicht nachhaltigen Lebensmittelsystems zukommt. Stattdessen werden digitale Technologien und neue Gentechnikverfahren hervorgehoben, um die Nachhaltigkeit entlang der Lieferketten zu verbessern.
In Bezug auf die GAP betont die Strategie, dass über die Eco-Schemes („Öko-Regelungen“) nachhaltige Praktiken, „wie Präzisionslandwirtschaft, Agrarökologie (einschließlich Biolandwirtschaft), Carbon Farming und Agroforstwirtschaft“ vorangetrieben werden sollen. Dadurch werden Praktiken mit sehr unterschiedlichen Grundsätzen vermischt.
Positiv ist, dass die Farm to Fork-Strategie die Anerkennung der Europäischen Säule sozialer Rechte erwähnt, insbesondere wenn es um prekäre, saisonale und undokumentierte Arbeiter*innen geht. Jedoch wäre die „Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte von Bauern und Bäuerinnen und anderen Menschen, die in ländlichen Gebieten arbeiten“ (UNDROP) ein stärkerer internationaler Bezugspunkt für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem, das die Kommission auf der globalen Ebene vorantreiben will.
Die ECVC hat schon lange betont, dass die Farm to Fork-Strategie eine Chance ist, um wirklichen Wandel im Lebensmittelsystem anzustoßen und um Ernährungssicherheit für alle Menschen zu ermöglichen, sofern dieses System auf Ernährungssouveränität beruht. Jedoch mangelt es der Strategie von Beginn an daran, dass es ein Glaubwürdigkeitsproblem und Inkohärenz gibt: Wenn die Handelspolitik und neoliberale Handelsabkommen nicht in Frage gestellt werden und die Inkohärenz zwischen Handel, Landwirtschaft und Ernährung, Umwelt- und Sozialpolitiken nicht beseitigt wird, dann wird diese Strategie einmal mehr ein bloßes Feigenblatt und Marketing von tatsächlichen Politiken der Europäischen Kommission sein.
Hier finden sich die bisherigen Forderungen der ECVC für die Strategien. Das Dokument wird nun so schnell wie möglich aktualisiert, einschließlich einer Analyse des nun veröffentlichten Dokuments. Auf der Twitter-Seite der ECVC werden auch laufend Reaktionen veröffentlicht.
Weitere Informationen unter: www.eurovia.org
Die ÖBV-Via Campesina Austria ist Mitglied bei der European Coordination Via Campesina (ECVC)