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Frauen an die Motorsäge published on

Frauen an die Motorsäge

Just am Faschingsdienstag brachte mir die Post das neueste Werbeplakat: Eine offensichtlich nicht mehr ganz junge Frau in Dirndl und weißer Sommerbluse posiert mit einer Motorsäge.

Das Model oder die Bäuerin (?) scheint an einem sehr dicken Stamm eines Waldbaumes zu lehnen. Den Unterarm elegant und zugleich leger auf die Säge gestützt, die Schwertspitze steckt siegessicher im Boden. Die rot-blau-schwarz gemusterten Streifen der Dirndlschürze harmonieren perfekt mit dem Rot der Motorsäge. Der Halsschmuck ergänzt das Outfit im gleichen Farbton. Den für die Waldarbeit notwendigen Schutzhelm trägt die Frau lachend am Kopf. Auf der Stirn lugen ein paar blonde Haarlocken hervor. – So wirbt der Veranstalter für eine der größten, österreichischen Fachmessen der Agrarwirtschaft.

Können wir Bäuerinnen uns freuen darüber? Ist Gendergerechtigkeit endlich auch bei der Werbeindustrie angekommen? Ich sehe schon die Plakate vor mir, auf der ein Mittfünfziger in dunkelbrauner Lederhose, passenden Stutzen und Karohemd sich elegant an die Nirosta-Abwasch anlehnt. Es handelt sich wohl um einen direktvermarktenden Bauern. In seiner Hand, Desinfektionsflasche und Wegwerfputzlappen, im gleichen Farbton wie die Fliesen an der Wand.

Lachend trägt er auf dem Kopf das weiße Hygienehäubchen aus Kunststoff. Auf den Schläfen lugen ein paar graumelierte Haare hervor. Das Leder der glänzend polierten Haferlschuhe an seinen Füßen strahlt mit dem frisch geputzten Nirosta von Abwasch und Armatur um die Wette. Durch die Fensterscheibe (natürlich ohne Fliegenscheisse) sieht man eine saftig grüne Hügellandschaft. Sie lädt ein zum Ausflug aufs Land. – Und die betriebsführende Frau des Mittfünfzigers telefoniert mit dem Büro des Landwirtschaftsministers, zwecks Termin für eine Diskussionsveranstaltung, um mit ihm über die Vorschläge zur neuen GAP zu diskutieren. Ja.

von Monika Gruber