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ÖBV, BirdLife und GLOBAL 2000 begrüßen Gesetzesvorschläge zu Pestizidreduktion und Wiederherstellung der Biodiversität published on

ÖBV, BirdLife und GLOBAL 2000 begrüßen Gesetzesvorschläge zu Pestizidreduktion und Wiederherstellung der Biodiversität

Aktion vor Landwirtschaftsministerium: Lobbyist der Bauern oder Lobbyist der Pestizide? (2 Minuten)

Totschnig und Gewessler müssen sich konstruktiv in weiteren Gesetzgebungsprozess einbringen

Wien, Brüssel, am 23. Juni 2022 – Die EU-Kommission hat gestern ihr lang erwartetes „Naturschutz-Paket“ präsentiert, das Vorschläge für Verordnungen zur Reduktion des Pestizideinsatzes in Europa und für die Wiederherstellung biodiversitätsfördernder Strukturen beinhaltet. BirdLife Österreich, die ÖBV – Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung und GLOBAL 2000 begrüßen die Gesetzesvorschläge: 

„Das europaweite Verbot des Einsatzes von Pestiziden in sensiblen Regionen und die für alle EU-Staaten gesetzlich bindenden Pestizidreduktionsziele zwischen 40 % und 60 % bis 2030 sind ein lang ersehnter erster Schritt für den dringend notwendigen Übergang in eine umwelt- und biodiversitätsfreundliche und faire Landwirtschaft in Europa. Mit diesen Maßnahmen will die EU-Kommission die Gesundheit von Bauern und Bäuerinnen, Landarbeiter:innen und Bürger:innen schützen, dem Verlust der biologischen Vielfalt gegensteuern und damit die Ernährungssicherheit langfristig sicherstellen. Damit jedoch das Gesetzespaket diesen Anspruch erfüllen kann, sind Nachbesserungen erforderlich. Deshalb sind jetzt die Co-Gesetzgeber Europaparlament und Rat gefordert, sich konstruktiv in den weiteren Gesetzgebungsprozess einzubringen.“

Dringender Nachbesserungsbedarf besteht insbesondere für jenes Messinstrument, mit dem der Erfolg der Pestizidreduktion gemessen werden soll, den sogenannten “Harmonisierten Risikoindikator 1” (HRI 1). Der Europäische Rechnungshof hatte bereits kritisiert, dass der HRI 1 eine Risikoreduzierung zeigt, die “hauptsächlich auf den Rückgang der Verkäufe von Pestizidwirkstoffen zurückzuführen ist, die nicht mehr zugelassen sind – und nicht auf einen tatsächlichen Rückgang des Pestizideinsatzes”. Zudem überschätzt der HRI 1 auf groteske Weise Risiken von völlig harmlosen (und bio-konformen) Naturstoffen wie Quarzsand oder Speisesoda, während er die Risiken gefährlicher chemisch-synthetischer Pestizide dramatisch unterschätzt, wie Umweltverbände und die Dachorganisation der europäischen Biolandwirtschaft kürzlich aufgezeigt hatten. Die Organisationen hatten eindringlich davor gewarnt, dass das 50 %- Pestizidreduktionsziel des Green Deal bedeutungslos würde, sollte der HRI 1 tatsächlich als Messinstrument für die Zielerreichung herangezogen werden.

Erfreulicherweise deutet der gestern präsentierte Vorschlag für die Verordnung zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden (SUR) darauf hin, dass die Kommission die Notwendigkeit einer Verbesserung des Indikators erkannt hat. Denn die SUR beinhaltet nun die Verpflichtung für eine Evaluierung der Indikatoren innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten. Zudem wird die Kommission ermächtigt, die bestehenden Risikoindikatoren per delegiertem Rechtsakt zu ändern bzw. durch neue Indikatoren zu ersetzen (Artikel 35). Das ist ein klarer Fortschritt gegenüber den beiden bisher bekannt gewordenen Versionen des Vorschlags. Doch leider ist das Problem mit dem HRI 1 damit (noch) nicht gelöst, da der Gesetzestext in Artikel 34 noch immer den HRI 1 als Methode für die Berechnung des Fortschritts in Richtung der nationalen und EU-weiten Reduktionsziele vorschlägt. 

Um die großen Herausforderungen der Klima- und Biodiversitätskrise bewältigen zu können, müssen wir alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Europäischen Green Deal zu einem Erfolg zu machen. Darauf hatten erst kürzlich 52 österreichische Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaft, Arbeitnehmer:innen- und Konsument:innenschutz, Imkerei, Tier-, Gesundheits- und Umweltschutz sowie humanitäre und kirchliche Organisationen mit einem gemeinsamen Offenen Brief an den neuen Landwirtschaftsminister aufmerksam gemacht. 

Dafür ist ein sinnvoller Indikator zur Messung der Pestizidreduktion eine notwendige Voraussetzung. Daran hängen sowohl der Erfolg der SUR (Zuständigkeit von Landwirtschaftsminister Totschnig) als auch der Erfolg der Biodiversitätsstrategie (Zuständigkeit von Umweltministerin Gewessler).

ÖBV, BirdLife Österreich und GLOBAL 2000 appellieren daher eingehend an die Minister:innen Totschnig und Gewessler, dafür einzutreten, dass die gestern von der Kommission präsentierten Gesetzesvorlagen zu effektiven Instrumenten für das Erreichen der Ziele des Europäischen Green Deal werden.

Rückfragehinweise:
Selina Englmayer, GLOBAL 2000 Pressesprecherin, +43 699 14 2000 26,
Helmut Burtscher-Schaden, GLOBAL 2000 Umweltchemiker, +43 699 14 2000 34,
Franziskus Forster, ÖBV – Via Campesina Austria, Tel.: +43 650 68 888 69,
Susanne Schreiner, BirdLife Österreich, Tel. +43 699 181 555 65,