Bericht vom ersten Diversity-Treffen von La Vía Campesina in Thailand.
Von Kirstin Eckstein
Zwischen dem 24. und 29. April fand in Nakhon Nayok, Thailand, das erste Treffen der „Diversity Articulation“[1] von La Vía Campesina (LVC) mit rund 25 Vertreter*innen aus Asien, Afrika, Süd- und Mittelamerika sowie Europa statt. Das Treffen diente der Stärkung des neuen Netzwerks von LGBTIQ+ Personen[2] und der Sichtbarkeit von queeren Themen im bäuerlichen Kontext und im ländlichen Raum.
Diversität gegen Diskriminierung
Die „Diversity Articulation“ wurde im Dezember 2023 bei der 8. Internationalen Konferenz von LVC in Bogota, Kolumbien offiziell gegründet, basierend auf der Überzeugung, dass der Kampf um Anerkennung, Gerechtigkeit und Leben untrennbar mit dem breiteren Kampf für Ernährungssouveränität verbunden ist. Das Treffen in Thailand betonte diese Verbindung und bot Raum für den Austausch über Geschlecht, Geschlechteridentitäten, Mensch-Natur-Beziehungen und Agrarökologie, in einer Atmosphäre von lustvollem Widerstand und tiefgehender Solidarität.
Die Teilnehmenden diskutierten unter anderem, wie gesetzliche Rahmenbedingungen weltweit die Rechte geschlechtlich und sexuell vielfältiger Menschen beeinflussen. So gibt es immer noch Länder, in denen Homosexualität strafbar ist – eine besondere Herausforderung für eine weltweite Bewegung, bei der Bewusstsein und Akzeptanz von Diversität als Grundlage für die Umsetzung von Menschenrechten und ein diskriminierungsfreies Zusammenleben gilt.
„Ohne uns, ohne unsere Kämpfe, ohne unsere Stimmen ist keine Revolution möglich“, bekräftigten die Delegierten. Mit diesen Worten wird deutlich, dass Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern aktiv geschützt und gefördert werden muss.
Kleinbäuerlich, feministisch & queer
Ein zentraler Aspekt war die Betonung des „Popular Peasant Feminism“, was wir bei der ÖBV mit „kleinbäuerlichem Feminismus“ übersetzt haben.[3] Dieser dient als analytische und politische Grundlage auch für den Umgang mit Diversität. In Diskussionen wurde der Austausch über praktische Widerstandsstrategien sowie politische Instrumente, wie z.B. die UN-Deklaration über die Bäuerlichen Rechte (UNDROP), vertieft. Die gemeinsame globale Deklaration zur Diversität von LVC wurde erneut bekräftigt: Eine gerechte Gesellschaft ist nur möglich, wenn alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Fähigkeiten oder Klasse respektiert werden.
Vielfalt ist eine Stärke der Bewegung, die gegen kapitalistische, patriarchale und rassistische Strukturen und darin verankerte heteronormative Vorstellungen kämpft. Hierbei wird deutlich, dass Feminismus nicht nur für Frauen da ist, sondern für alle Menschen, die Diskriminierungen und Unterdrückungen von Herrschaftsstrukturen erleiden müssen – ebenso Männer, die sich nicht mit den traditionellen Männerrollen identifizieren oder andere „queere“ Menschen.
„Ohne Vielfalt keine Revolution!“ Diese Botschaft ist weit mehr als ein Slogan – sie ist ein Prinzip. Im Juni wollen wir die Internationale Pride-Woche bzw. den 28. Juni (Christopher-Street-Day) auch dafür nutzen, auf „Peasant Pride“ hinzuweisen. – Helft mit, Diversität überall sichtbar zu machen. Für mehr Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle!
Kirstin Eckstein hat für die ÖBV und die ECVC bei dem Treffen in Thailand teilgenommen.
Dieser Text ist zuerst in der Zeitschrift „Bäuerliche Zukunft“ Nr. 387, 2/2025 erschienen.
[1] Mit sogenannten „Articulations“ (etwas zwischen Arbeitskreis und Netzwerk, mit einem politischen Anspruch nach mehr Sichtbarkeit) bietet LVC einen speziellen Vernetzungsraum für Themen und Personen außerhalb des Mainstreams – Articulations gibt es z.B. auch für „Women“ und „Youth“.
[2] Mit diesem Kürzel sind Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und andere Personen gemeint, die sich nicht in den Normen von heterosexuellen Paarbeziehungen und binären Geschlechterordnungen wiederfinden, was auch häufig mit „queer“ beschrieben wird (in der ursprünglichen Wortbedeutung „anders, schräg“).
[3] s. Artikel von Maria Naynar „Feminismus in La Vía Campesina“ in dieser Zeitschrift im Dezember 2023, siehe hier