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Reise nach Burkina Faso und Ghana 2006 published on

Reise nach Burkina Faso und Ghana 2006

Bäuerinnen auf ihrem Weg nach Afrika – für zwei Wochen erhielten österreichische Bäuerinnen einen tiefen Einblick in die Lebens- und Arbeitssituation afrikanischer KollegInnen. Während der Reise fand auch eine Schreibwerkstatt mit Renate Welsh statt. Das bedeutet, die Schriftstellerin Renate Welsh hat die Gruppe begleitet und während der Reise mit den Teilnehmerinnen Schreibwerkstätten durchgeführt, um Eindrücke zu vertiefen und in Worte und Texte zu fassen.
Im Mittelpunkt der Reise stand der Erfahrungsaustausch in einer globalisierten Landwirtschaft und das Kennenlernen der Lebenssituation von Bäuerinnen und Bauern in der Sahelzone in Burkina Faso und Ghana. Es wurden bei dieser Reise bereits in der Vergangenheit geknüpfte Kontakte mit der Bauernorganisation NAAM in Burkina Faso und Margaret Akagwire in Ghana vertieft.

Baumwollanbau in der Sahelzone
Gleich zu Beginn der Reise hatten die österreichischen Bauern und Bäuerinnen ein Gespräch mit VertreterInnen der österreichischen EZA in Burkina Faso. Sie erfuhren vieles über den Anbau von Baumwolle und dessen negative Auswirkungen auf die Umwelt, den Boden und die einheimischen Bauern und Bäuerinnen. Der hohe Einsatz von Pestiziden belastet den Boden dermaßen, dass im Norden kaum mehr etwas angebaut werden kann, zu sehr sind die Böden ausgelaugt – eine zunehmende Verwüstung der Böden ist die Folge.
Und noch immer wird Baumwolle angebaut. Ein Beweggrund für die Bauern Baumwolle anzubauen ist vor allem die gesicherte Abnahme des Rohstoffes, was für die Bauern und Bäuerinnen einen fixen Erlös bedeutet. Vor allem für die kleinbäuerlichen Bauernhöfe (max. 5 ha) bedeutet der Anbau von Baumwolle auf lange Sicht aber nicht ein gesichertes Einkommen, sondern Verarmung. Denn mit dem Erlös der Baumwolle sind Düngemittel, Pestizide, Saatgut und die ArbeiterInnen, die bei der Ernte mithelfen, zu bezahlen. Trotz dieses Wissens, setzt die Regierung in Burkina Faso auf den Anbau von Baumwolle, da diese eine der wenigen Produkte ist, die Devisen einbringen. Devisen sind wiederum notwendig, um die Kredite der Weltbank zurückzuzahlen. Die Bauern und Bäuerinnen lassen sich alljährlich wieder davon überzeugen, diese Frucht anzubauen, da sie fixe Abnahmeverträge und somit unmittelbar Bargeld bringt.

Klimaveränderungen im Sahel
Problematisch wirkt sich in beiden Ländern die Klimaveränderung aus. In Burkina Faso und Ghana war es bis vor wenigen Jahren noch üblich, dass es in der Regenzeit gleichmäßig regnete. Seit einigen Jahren kommt es jedoch immer häufiger zu sintflutartigen Regengüssen, wodurch der Boden noch leichter abgeschwemmt wird. Mit dem Aufbau von Steinwällen zwischen den Feldern soll bei intensiven Regengüssen der rasche Abfluss des Wassers verhindert werden.Durch die starken Regenfälle werden außerdem die aus Lehm gebauten Häuser beschädigt – sie müssen immer öfter nachgebessert werden. Dies ist mit ein Grund, weshalb die Wandmalkunst der Borinboresi-Frauen in Ghana im Verschwinden begriffen ist. Zu aufwendig gestaltet sich die Ausbesserung der Lehmbauten und der Wandmalkunst .

Frauen im Mittelpunkt des täglichen Lebens
Die österreichischen Bäuerinnen hat bei den Begegnungen mit der Landwirtschaft und der Lebenssituation der Bauern und Bäuerinnen vor allem die Arbeit der Frauen interessiert . In Ghana hatten sie die Gelegenheit, drei Tage auf einem Bauernhof zu leben. In Burkina Faso durften die Österreicherinnen einen ganzen Tag bei einer Familie miterleben. Ein Mittagessen zuzubereiten bedarf vieler Arbeitsschritte, die einen ganzen Vormittag in Anspruch nehmen: Wasser und Holz holen, Hirse mahlen/stampfen, Wasser kochen, Hirse kochen, eine Sauce aus getrocknetem Gemüse zubereiten – nach dem Essen das Geschirr säubern. Die kleinen Kinder auf den Rücken gebunden, werden all diese Arbeiten verrichtet. Die anwesenden Männer sehen bei diesen Arbeiten zu, hören Radio, unterhalten sich und übersetzen für die Reisegruppe. Ein nach zwei Wochen vertrautes Bild am Land: Die Frauen arbeiten und die Männer unterhalten sich oder sind mit dem Fahrrad unterwegs. Uns wurde in den Gesprächen versichert, die Männer arbeiten auch. Dann, wenn die Felder wieder zu bestellen sind – in der Regenzeit. Aber bis dahin sind es noch ein paar Monate und jetzt, in der Trockenzeit gibt es in der Landwirtschaft kaum Arbeit für die Männer.

Gleichzeitig haben die Frauen aber kein Recht auf Landbesitz, wie den reisenden Bäuerinnen in Ghana und Burkina Faso in Gesprächen erläutert wurde. Hier haben traditionell ausschließlich Männer das Recht auf Landbesitz – die Frauen erhalten gegebenenfalls ein Nutzungsrecht, wie z.B. bei den vielen Gemüsegärten, die einzig von den Frauen bewirtschaftet werden. Bis vor gar nicht all zu langer Zeit war dies auch in Österreich gelebte Praxis – in Regionen mit Anerbenrecht wurde der Hof- und Landbesitz ausschließlich an die Söhne vererbt. Einzig in Regionen mit Realteilung erhielten auch die Töchter einen Teil des Besitzes. Daher ist es so wichtig, dass Frauen einen Ort haben, wo sie sich treffen und ihre gemeinsamen Anliegen besprechen können.

Frauenorte
Bereits Virginia Woolf forderte „Ein Zimmer für sich allein”. Engagierte Frauen im Norden Ghanas schufen für sich einen Ort, wo sie sich regelmäßig treffen können, um ihre Anliegen zu besprechen, Fortbildungsveranstaltungen abzuhalten und damit ihre gesellschaftliche Stellung verbessern zu können. Zur Bewahrung ihrer kulturellen Werte errichteten sie gemeinsam ein Frauenzentrum, dessen Wände die Wandmalkunst dieser Region ziert.

Vernetzung
Die Bäuerinnen aus Österreich besuchten auch dieses Mal Projekte der Bauernorganisation NAAM in Burkina Faso. Das Ziel der NAAM ist es, das Leben der Bauern und Bäuerinnen in der Sahelzone Burkina Fasos abzusichern und den Hunger zu bekämpfen sowie sie zu ermächtigen, für ihre Anliegen selbst einzutreten und dafür das Wort zu ergreifen. „Wenn der Präsident kommt, dann soll auch der Bauer, die Bäuerin den Mut haben aufzustehen und sagen, was ist”, meinte Bernard Lédéa Oedraougou, der Gründer der Bauernorganisation NAAM. Denn nur, wenn die Bauern und Bäuerinnen ihre eigenen Bedürfnisse artikulieren können, werden sie den Mut aufbringen, ihre eigene Lebenssituation zu verändern. Bernard Lédéa Oedraougou erhielt für sein Engagement gegen den Kampf um den Hunger im Jahr 1997 den Alternativen Nobelpreis.

Was von dieser Reise bleibt, sind einzigartige Eindrücke und Begegnungen, wunderbare Erinnerungen, wunderbare Texte der Schreibwerkstatt und viele Mitbringsel. Die Texte der Schreibwerkstatt wurden in einer Dokumentation ” Fern und doch nah” zusammengefasst, die zum Selbstkostenpreisvon 5 Euro zzgl. Porto bei der ÖBV erworben werden kann.

Die Reise geht weiter
Die Reise geht weiter – hier in Österreich, im Kopf, im Herzen, im Austausch mit FreundInnen und KollegInnen, bei der täglichen Arbeit.
Zentral war hierbei der im Herbst 2006 (30. September bis 17. Oktober) organisierte Gegenbesuch, wo acht afrikanischen Bauern und Bäuerinnen Einblick in den Alltag österreichischer Bauern und Bäuerinnen erhielten. Es fanden viele gemeinsame Aktivitäten statt: es wurde gemeinsam gekocht und diskutiert, Höfe wurden besichtigt und eine Wanderung gemacht und vieles mehr.