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“Saubere Umwelt” published on

“Saubere Umwelt”

„Saubere Umwelt“ ist ein Begriff, der scheinbar für sich selbst steht und der dennoch nicht definiert ist – jeder und jede benützt ihn und versteht darunter dennoch möglicherweise etwas völlig Verschiedenes.
Umwelt ist klar, aber was ist sauber?

2 Szenen fallen mir ein, die für mich immer den Unterschied zu diesem Begriff darstellen:

  • Ich war vorige Woche in einem Bauernladen einkaufen, da läuft eine kleine Spinne über den Ladentisch und wird, ohne das Gespräch mit mir zu unterbrechen, sofort zerdrückt. Warum?
  • Ich sehe die Werbung für Putzmittel  und Körperpflege und denke an die vielen Haushalte, in denen alle Flächen hygienisch sauber sind und die Körper weiß und duftend strahlen – ich denke an die vielen Allergien bei Menschen und an die Flüsse, die all diese abgeschwemmten Mittel aufnehmen müssen.

Warum wird eine Spinne in einem Raum als unhygienisch betrachtet, warum bedeuten Spinnweben Schmutz? Warum darf man einfach töten für Reinheit?
Ich schaue an meine Zimmerdecke und sehe die Spinnweben, die ich seit Wochen nicht wegfegen will und die mich gar nicht stören, im Gegenteil.
Ich schaue auf meine Hände und sehe die Erde daran – es fällt mir ein, wie oft ich schon gefragt wurde, ob mir diese schmutzige Arbeit als Bäuerin nicht unangenehm sei – ich fühle mich nicht schmutzig.

Ich erlebe die Natur als sehr sauber. Sie hat ein System aufgebaut, in dem sich Prozesse ergänzen, um Krankheiten und Schäden zu  regulieren. Und das Ganze ist dabei auch noch sehr ästhetisch, weil darin die Ursache  für die wunderschöne Vielfalt begründet liegt.

Als sauber empfinde ich, in diese Prozesse so wenig wie möglich ein zu greifen, ich vertraue diesen Abläufen und sie bringen Ruhe in mich.

Unruhig macht mich dieser Zwang und Drang nach hygienische Sauberkeit und ich frage mich, wie so oft auch zu anderen Dingen, wie es dazu kommen konnte, dass…
… Natur als schmutzig und gefährlich gewertet wird, die man sterilisieren muss, und dann organisiert man Fahrten auf Bauernhöfe, damit Kinder wieder in Kontakt mit lebenswichtigen Substanzen kommen
… man mit viel Chemie die Umwelt und die Körper säubert und dann mit viel Chemie die Defizite wieder ausgleicht
… eine Riesenindustrie viel  Müll erzeugt und eine nächste Riesenindustrie diesen Müll dann wieder verwaltet und betreut

Vor Jahren hab ich an mir selbst erlebt, wie ein Haarshampoo meine Hände, die von Ölschmiere schwarz waren, weiß machten, ohne dass ich schrubben musste. Ich hab entschieden, diese Mittel lass ich nicht mehr an meinen Körper und ich schwemm sie nicht mehr in die Flüsse. Seither wasche ich mein Haar mit Eidotter, ich kann es nur empfehlen!

von Claudia Buchner (Biobäuerin in OÖ)