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Warum wir gegen das EU-Mercosur-Abkommen sind published on

Warum wir gegen das EU-Mercosur-Abkommen sind

Analyse der Auswirkungen und Argumente gegen das EU-Mercosur-Abkommen

Im folgenden eine kurze Zusammenfassung eines längeren Artikels, den die Europäische Koordination Via Campesina (ECVC) veröffentlicht hat (s. Link hier, Argumente und Zahlen sind ausführlich in dem Artikel dargelegt).
 
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Trotz des Versprechens, den Bäuer*innen zuzuhören und Maßnahmen zur Bewältigung der Preiskrise und des Generationswechsels in der Landwirtschaft zu ergreifen, versuchen die Entscheidungsträger*innen der EU und der nationalen Regierungen, den Abschluss des Handelsabkommens zwischen der EU und Mercosur zu erzwingen. Dieses Handelsabkommen wird desaströse Auswirkungen für die Bäuer*innen haben, da es die Preise durch unfairen Wettbewerb nach unten treibt und die Bäuer*innen noch weiter unter Druck setzt, sodass noch mehr Höfe aufhören werden.
 
Schwächung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und Vielfalt
Das Abkommen ist eine große Gefahr für die Widerstandsfähigkeit von Agrarsystemen. Wenn es heißt, dass die „Wettbewerbsfähigkeit“ gesteigert werden muss, um im globalen Wettbewerb konkurrieren zu können, dann bedeutet das tatsächlich eine Schwächung jener Standbeine und Systeme, die es Bäuer*innen ermöglichen, mit den aktuellen Krisen umzugehen und sich in diesen zu behaupten. Mit dieser „Wettbewerbsfähigkeit“ sind Maßnahmen gemeint, die zulasten der (klein-)bäuerlichen Landwirtschaft gehen. Darüber bedeutet das Abkommen die Zerstörung von landwirtschaftlicher Vielfalt: Die große Stärke der Landwirtschaft in Europa und in den EU-Mercosur-Staaten – die große landwirtschaftliche Vielfalt – wird einem weiteren Druck der Agrarindustrialisierung ausgesetzt, was zusätzlich zulasten von Klima, Biodiversität und Umwelt geht. Offen bleibt auch, wie die unterschiedlichen Standards in den verschiedenen Ländern effektiv kontrolliert werden können, um sicherzustellen, dass ein agrarökologischer Umbau vorangetrieben werden kann und dieser nicht durch unfaire Konkurrenz laufend untergraben wird.
 
Lokale Schocks und Krisen
Das Abkommen wird zu unzähligen lokalen Schocks und Krisen führen. Diese sind nicht überall gleich verteilt, sondern finden ungleichzeitig zeitlich versetzt und an unterschiedlichen Orten konkret statt: Importe werden niemals gleichmäßig über die ganze EU verteilt, sondern die Importware wird zu konkreten Zeiten an konkrete Orte importiert – mit unterschiedlichen und ungleichzeitige Auswirkungen in Form von lokalen Schocks und Krisen. Diese Auswirkungen wurden in den bisherigen „Impact Assessments“ nicht untersucht und nicht erfasst. Stattdessen wurden die Bäuer*innen zur Verhandlungsmasse für den Profit und die Vorteile anderer Industrien benutzt.
 
Schaumschlägerei: Schutzmechanismen und Kompensation
Ein weiterer zentraler Aspekt ist, dass die Schutzmechanismen nicht funktionieren werden. Im besten Fall werden diese Mechanismen immer erst nachträglich – wenn überhaupt – aktiviert. Die Frage ist auch offen, wie eine Situation definiert ist, in der ein Schutzmechanimus aktiviert werden soll und wer das entscheidet. Jedenfalls werden lokale und zeitlich und räumlich unterschiedlich verteilte Krisen nicht dazu führen, dass überall Schutzmechanismen hochgefahren werden. Und auch das Versprechen, dass eine Milliarde Euro an Kompensationsgeldern für die Bäuer*innen in Europa eingesetzt werden soll, ist Augenauswischerei und letztlich wirkungslos: In dieser Logik sollen öffentliche Gelder erstattet werden, wo vorher Bäuer*innen und Agrarindustrien ihre Märkte verloren haben und wo dann zukünftig die eigenen Produkte nicht mehr verkäuflich sein werden. Wenn aber die eigenen Produkte nicht mehr verkäuflich sind, dann geht es nicht um Kompensation, sondern darum, mit der Landwirtschaft aufzuhören. Ein zweiter offener Punkt: Wie werden kompensationswürdige Fälle bemessen angesichts von intransparenten und ungleichen Märkten und angesichts der Tatsache, dass viele wertvolle Aspekte völlig unterbewertet oder nicht bewertet bzw. bewertbar sind? 
 
Agrarökologischer Umbau wird behindert
Das führt zu einer Schwächung guter Bedingungen für einen gerechten Generationenwechsel in der Landwirtschaft und zugleich wird der agrarökologische Umbau stark behindert.
Über all diese Auswirkungen wird insgesamt die Ernährungssouveränität und Ernährungssicherheit in der EU und in den Mercosur-Staaten geschwächt. Dagegen kämpfen die betroffenen Bäuer*innen auf beiden Seiten des Atlantiks. 
Lebensmittel sind jedoch ein Menschenrecht und keine Handelsware. Die Arbeit der Bäuer*innen ist nicht nur für die Ernährung der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die Verbesserung der biologischen Vielfalt, die Revitalisierung ländlicher Gebiete und den Schutz der Umwelt.
Aus all diesen Gründen sind Bäuer*innen auf beiden Seiten des Atlantiks gegen dieses Handelsabkommen.
 
Was wir fordern
Wir fordern jeden einzelnen Mitgliedsstaat der EU auf, dieses Abkommen abzulehnen und sich für eine grundlegende Neugestaltung des Handels mit Agrargütern einzusetzen. Es braucht einen neuen Rahmen für den globalen Handel, der Ernährungssouveränität, Biodiversität, die Rechte der Bäuer*innen und Landarbeiter*innen (UNDROP) und der Bürger*innen ins Zentrum stellt auf Werten der Solidarität, der Kooperation, des Internationalismus und des Austausches der Menschen auf Augenhöhe beruht. Landwirtschaft soll nicht Teil von Handelsliberalisierungen und Handelsabkommen mehr sein, denn das führt – wie bisher – zwangsläufig dazu, dass die Landwirtschaft abgewertet wird. Die niedrige Wertschöpfung ist nur eine der daraus resultierenden Auswirkungen. Statt dass die Landwirtschaft geopfert wird, sollen Bäuer*innen und Arbeiter*innen geschützt werden, ein faires Einkommen für ihre Arbeit erhalten und soziale Sicherheit haben. 
Dafür braucht es neben einer Neugestaltung der Handelspolitik auch eine neu ausgerichtete Gemeinsame Agrarpolitik der EU, die auf gerechter Verteilung, Marktregulierung und einen agrarökologischen Umbau und einem gerechten Generationenwechsel und auf vielfältige und widerstandsfähige Höfe hin ausgerichtet ist. 
 
Zur Analyse des EU-Mercosur-Abkommens der ECVC: hier.