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Die Bäuerinnenpension – wie alles begann… published on

Die Bäuerinnenpension – wie alles begann…

Das Vorwort von SVB-Obmann Donabauer in der Zeitschrift SVB aktuell vom Mai 2012 hat nach Widerspruch verlangt. Der Frauenarbeitskreis der ÖBV hat einen Brief geschrieben:

An die
Sozialversicherungsanstalt der Bauern (und Bäuerinnen?)
z.H. Herrn Obmann Karl Donabauer
Ghegastraße 1
1030 Wien

Wien, im Mai 2012

Sehr geehrter Herr ÖKR Donabauer!

Im SVB aktuell 2/2012 schreiben Sie im Vorwort anlässlich des 20jährigen Bestehens der Bäuerinnenpension „Und so bin ich sehr froh, dass die damalige Initiative von unserem Haus, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, ausging. Somit haben wir wirkungsvoll für die Gleichberechtigung im bäuerlichen Berufsstand gesorgt.”

Diese Stelle hat uns sehr überrascht, war es doch keineswegs die SVB, die die Initiative für eine Bäuerinnenpension ergriffen hat. Da sie zu dieser Zeit bereits im Amt waren, müsste Ihnen das sehr wohl bewusst sein. Leider mussten wir diese tendenziöse Geschichtsschreibung bereits im letzten Jahr bei der Veröffentlichung des Buches „Ja, jetzt geht es mir gut” feststellen.

Zu Ihrer Information möchten wir Ihnen unsere Sichtweise der Entwicklung der Bäuerinnenpension vorstellen, geschrieben von Anni Felbauer, Biobäuerin in Ternberg/OÖ, anlässlich der Veröffentlichung des Buches „Ja, jetzt geht es mir gut”:

Ab 1985 beschäftigte sich der Bäuerinnenarbeitskreis der Österreichischen Bergbauernvereinigung mit der fehlenden sozialrechtlichen Absicherung der Bäuerin und den damit verbundenen Auswirkungen auf den ganzen Betrieb. Betriebshilfe, Mutterschutz, Hilflosenzuschuss, eigene Versicherungszeiten für eine Pension. All dies erforderte das moderne, den Ansprüchen der Zeit angepasste Berufsbild der Bäuerin.

Ich erinnere mich noch ganz genau an eine Podiumsdiskussion zum Thema „Bäuerliche Sozialversicherung – wie weiter?”. Sie wurde 1987 in Gallneukirchen vom Bäuerinnenarbeitskreis der Bergbauernvereinigung und dem Berglandaktionsfonds veranstaltet. Am Podium war unter anderem die damalige OÖ. Landesbäuerin Preinsdorfer. Sie sagte über uns: „ … mit solchen Frauen muss man sich schämen…”. Ein Maschinenring-Geschäftsführer meinte gar: „Ihr seid ja fesche Mendscha – ihr habt euer Konto im Bett …”. Und eine Bezirksbäuerin wies auf die Witwenpension hin, die es ohnehin gibt. Es herrschten auch Ängste, dass die große Scheidungswelle durch die Bauernhäuser zieht, wenn die Bäuerinnen selbständig Versicherungszeiten erwerben können.

Das Aufgreifen dieser Problematik hat sehr viele Emotionen geweckt und hat gezeigt, dass für viele Bäuerinnen und Bauern die Situation nicht mehr zeitgemäß war und Änderungen in der Gesetzgebung notwendig wurden.

Bei einem Seminar 1987 haben wir unsere aktuelle sozialrechtliche Stellung genau betrachtet. Die Fragen waren: was wollen wir, wie können wir unsere Ziele erreichen und was/wen brauchen wir dazu? Wir wollten als Bäuerinnen im eigenen Namen versichert sein und eigenständige Pensionsansprüche erwerben können. Dazu führten wir mit Sozialrechtsexperten wie Dr. Karl Wörister von der AK Wien und Dr. Luise Fornleitner vom Familienministerium viele Gespräche und die Experten stellten für uns genaue Berechnungen als Grundlage unserer Forderungen an. Wir suchten uns Verbündete unter den Betroffenen, bei Standesvertretern, in der Politik, bei Sozialpartnern und gingen auf die Gremien zu, die für unser Anliegen fachlich und politisch zuständig waren.

Es gab auch Zeitungsartikel, die sich mit unserem Anliegen beschäftigten, z. B. in der „Welt der Frau”, der „Unabhängigen Bauernzeitung” des UBV und vielen regionalen Zeitungen, die eine große Betroffenheit und Diskussion ausgelöst haben. Und auch in verschiedenen Radiosendungen haben wir unsere Anliegen und unsere Forderungen nach einem ganzheitlichen Berufsbild dargestellt, wozu auch die sozialrechtliche Absicherung mit dem Erwerb eines eigenen Pensionsanspruchs gehört.

So gab es etwa am 27. April 1989 ein Gespräch mit Ministerialrat Friedrich Wirth im Sozialministerium zum Thema Soziale Absicherung: „Sie rennen bei uns offene Türen ein, aber erwarten Sie nicht zuviel”. Die Haltung der landwirtschaftlichen Interessensvertretung war: „Es genügt, wenn ein Teil der Beschäftigten Beiträge einbezahlt und die Pension erhält”.
Diese Aktivitäten haben Unruhe und Aufbruch nicht nur in die Bauernhäuser gebracht, sondern auch bei Standesvertretung, Parteien und Sozialpartnern ausgelöst.
Das Wissen, dass auch der bäuerliche Berufstand Veränderungen braucht und die Ungewissheit wie es wird, hat viele verunsichert, aber auch bestärkt weiterzuarbeiten.

Im April 1990 hat der Bäuerinnenarbeitskreis der ÖBV einen Brief mit der Forderung nach einem eigenen Pensionsanspruch für Bäuerinnen an über zwanzig Institutionen und Abgeordnete geschickt. Die Stimmung in den Antwortbriefen lässt sich von wohlgesinnt über zustimmend beschreiben. Der Bäuerinnenarbeitskreis wurde darin vielfach aufgefordert, die gesetzten Aktivitäten weiterzuführen, da die gestellten Forderungen gerechtfertigt sind.

Wir haben auch Unterstützung und aktive Mitarbeit anderer bäuerlicher Organisationen erhalten: Absolventenverband Fachschule Haidegg (Stmk) mit Direktorin Hannelore Weiß, Aktives Land mit Maria Salcher, Allgemeiner Österreichischer Bauernverband (heute: Unabhängiger Bauernverband) und der Bäuerinnengruppe Ilztal. Daraus entstand eine überparteiliche Bäuerinnengruppe. Wir wurden unterstützt von der Bildungsreferentin der Österreichischen Bergbauernvereinigung Traude Beer-Heigl. Jeder hatte verschiedene Zugänge und andere Ansprechpartner, so ist eine Bewegung entstanden die nicht mehr aufzuhalten war. Das Ziel war eine eigenständige Bäuerinnenpension,

Mit 1.1.1992 wurde endlich die 16. Novelle des BSVG, befristet bis 31.12.1992, beschlossen. Mit der Einführung der Pflichtversicherung wurde die Voraussetzung für einen künftigen eigenständigen Pensionsanspruch von Bäuerinnen geschaffen. Es gab aber noch viele Details und Teilbereiche zu erarbeiten.

Im März 1992 haben wir mit der Aktion „Das Netz hat Löcher” vor dem Parlament und einem anschließenden Pressegespräch auf die notwendigen Details und Feinheiten hingewiesen, was wiederum sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst hat.
Rosemarie Bauer von der Bundesleitung der ÖVP Frauenbewegung, reagierte empört auf unsere Aktion. Die OÖ Landesbäuerin Hermine Ziegelböck sagte hingegen in einem Interview der Mühlviertler Rundschau am 02.04.92: „Ich finde das gut, dass sich die Bäuerinnen in dieser Frage engagieren. Die Demonstration war nicht negativ, sondern hat nur darauf hingewiesen, dass noch etwas zu tun ist.”

Es gab auch 1992 zum Thema Bäuerinnenpension noch viele Aktionen, Gespräche und Interviews. Im April gab es dazu Gespräche mit Sozialminister Josef Hesoun und Bundesbäuerin Aloisia Fischer, die erst seit 1991 im Amt war.
Auch Radiosendungen über unsere Anliegen zur gerechteren sozialrechtlichen Absicherungen von Bäuerinnen wie „Ö3 Freyzeichen”, „Ö1 Moment – Leben heute”, „Ö2 Viva” und viele persönliche Gespräche mit Betroffenen und Entscheidungsträgern waren notwendig, um eine gute gesetzliche Grundlage für die Bäuerinnenpension zu schaffen.

Am 01.12.1992 wurde mit der 17. Novelle zum BSVG mit Wirksamkeit 01.01.1993 beschlossen, das Gesetz zur Pflichtversicherung für beide Ehegatten unbefristet fortzuführen.

Wir Bäuerinnen danken allen, die uns unterstützt haben.

Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern gehörte bei weitem nicht zu den glühendsten VerfechterInnen der Bäuerinnenpension. Wir möchten der SVB, im Gegensatz zur bäuerlichen Interessensvertretung, keinen Widerstand gegen die Idee der Bäuerinnenpension vorwerfen, aber dass die Initiative von Ihrem Haus ausging, entspricht nicht der Wahrheit.
Wir hätten uns ja sehr darüber gefreut, wenn die Initiative von Ihrem Haus ausgegangen wäre, am besten schon 10-15 Jahre, bevor wir auf Grund der unhaltbaren Zustände unsere Arbeit gestartet haben. Vielen Bäuerinnen ist es mittlerweile schmerzlich bewusst geworden, dass für sie “längere und schlechtere” Berechnungsmodelle gelten, weil sie durch die späte Bäuerinnenpensionsregelung Beitragszeiten nicht erwerben konnten.

Wir ersuchen Sie um eine Stellungnahme zu unserer Kritik und weiters darum, diese fälschliche Darstellung in der nächsten Ausgabe von SVB aktuell richtig zu stellen und in Zukunft unrichtige Darstellungen zu unterlassen.

Dieser Brief ergeht ebenfalls an die Autoren des Buches “Ja, jetzt geht es mir gut…” Gerhard Siegl und Günther Steiner, sowie an Landwirtschaftskammerpräsident Gerhard Wlodkowski, Bundesbäuerin Anna Höllerer, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek.

Mit freundlichen Grüßen,

Christine Pichler-Brix
Obfrau

 

Die Antworten ließen nicht auf sich warten, seht selbst:

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