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Wo ist mein Platz als Frau? published on

Wo ist mein Platz als Frau?

Als ich mich vor vielen Jahren entschied für den Gemeinderat zu kandidieren, und das nicht in der Partei, in der mein Vater Ortsbauernratsobmann, Ortvorsteher, Landwirtschaftsstadtrat war, sondern bei einer grünen Bürger_inneninitiative, wurde ich vom ehemaligen Ortvorsteher auf die Seite genommen: „Maria, so was tut man nicht!“
Ein für mich als Bäuerin vorgesehene Platz in der dörflichen, konservativ geprägten Gesellschaft hieße dann wohl, mich darin einzuordnen, fleißig zu arbeiten, repräsentieren, sprich bei Festen zur Hand zu gehen. Eventuell gibt’s dann Möglichkeiten eines Aufstiegs im Rahmen des Gefüges bis hin zur Bürgermeisterin,…
Ganz aktuell ist jetzt die Diskussion, eine Frauenquote verpflichtend bei der Listenerstellung der Parteien einzuführen. Aber wir erleben, dass kaum Frauen am Land in die üblichen Strukturen hineinwollen. Das gilt z. B. für die Position der Ortbäuerin, aber auch für den Vorstand von Bio Austria in NÖ und Wien. Sind es auf der einen Seite die Männerseilschaften und –machenschaften, die Frauen keinen Raum lassen, fehlt auch die Ermutigung für Frauen einen Schritt in Öffentlichkeit oder Politik zu wagen. Eine gewisse Resignation und ein Rückzug ins Private von Frauen und auch Männern sind unübersehbar. Dabei finde ich Re-Signation als ersten Schritt gar nicht so schlecht, um einen Prozess einzuleiten: Eine Aufkündigung, ein nicht mehr Unterschreiben der herrschenden Systeme. Aber so lange das still und heimlich in meinem Inneren passiert und das Kreuzerl an der gewohnten Stelle gemacht wird, unterstützt man und frau diese neoliberale Politik, die Krisen produzierende Wirtschaft, Menschen verachtende, Ressourcen verschleudernde, Korruption fördernde,….
Daher: Ein Aufruf zum Ungehorsam, zum Boykott, zum Ausstieg! Widerstand nicht um des „immer prinzipiell dagegen sein“, sondern weil ich als Frau, Bäuerin einen andere Vision habe: Gleichberechtigtes gemeinsames Arbeiten zwischen den Geschlechtern, das Fehlen von den vielen Formen der Gewalt gegen Frauen. Und eine bäuerliche, solidarische, nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung, Förderung von Muße – ein gutes Leben eben. Mut und Kraft geben mir Bäuerinnen, Bauern, Menschen die bereits anders leben und arbeiten, Alternativen zum gängigen Modell suchen, entwickeln, umsetzen. Seit über zwanzig Jahren von der ÖBV-Via-Campesina infiziert, gelingt es mir/uns, Schritt für Schritt für unsere Rechte als Bäuerinnen einzutreten, uns selbst zu vertreten. Wenn ich also rund um den 8. März die vielen tausend (Aus-)Reden zur Verbesserung der Frau in der Gesellschaft und Politik höre, denke ich an uns, die vielen Frauen, die nicht mehr stillhalten und mitspielen, sondern mit Solidarität, Witz und Humor für eine bessere Welt kämpfen.

von Maria Vogt, Biobäuerin im Weinviertel, Mitglied des Bäuerinnenkabaretts „Miststücke“