Skip to content
Braunes Grün: Wer steht da neben mir? published on

Braunes Grün: Wer steht da neben mir?

„Gesundes Bio-Gemüse sorgt für einen gesunden Geist“, „Alte Sorten sollten bewahrt werden“, „Mein eigener Bezug zum Boden macht die Ernte besser“, „Landluft ist gesund“. Im ersten Moment würden viele von uns den Aussagen zustimmen.

Von Anna-Sophie Wild

Aber ein zweiter Blick lohnt sich, um zu erkennen, dass hinter diesen Aussagen durchaus rechtsextreme Vorstellungen stehen können bzw. möglicherweise menschenverachtende Ideologien zugrunde liegen, die wir keineswegs unterstützen.

Rechtsextreme Positionen in der Umweltbewegung

Es scheint, als bekämen rechtsextreme und antidemokratische Positionen wieder mehr Zustimmung, wenn man die zunehmende Zahl der FPÖ-Wähler*innen, den Erfolg autoritärer Regime in vielen Ländern weltweit und die europäische Abschottung betrachtet. Diese Positionen und die Menschen, die sie vorantreiben, beschäftigen sich keineswegs ausschließlich mit Migration, obschon sie zu diesem Thema besonders lautstark Stellung nehmen. Auch Ökologie, Umweltschutz und die Landwirtschaft gehören zu den Themen, die von Rechten diskutiert werden. So können sie Gentechnik und Atomenergie vehement ablehnen, den Wachstumszwang kritisieren, biologische Landwirtschaft befürworten, Interesse an alten Obstsorten, traditionelle Handwerkstechniken und lokalen Sorten zeigen und eine artgerechte Tierhaltung unterstützen. Es kann also sein, dass man auf einer agrarpolitischen Demo, im Hofladen, auf einem Hof, in einer Solawi oder im Bio-Geschäft neben jemandem steht, der oder die rechtsextreme Positionen vertritt.

In Bezug auf sogenannte “grüne Themen” scheinen die politischen Grenzen zu verschwimmen. Historisch gesehen waren es oft konservative und rechte Bewegungen, die Umwelt- und Naturschutz vorangetrieben haben. Doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass der rechte Natur- und Umweltschutz stets mit rassistischen, biologistischen und völkischen Ideologien verbunden ist, wie beispielsweise “Ethnopluralismus” oder “Sozialdarwinismus”, und wenig mit Solidarität, Menschenrechten und globaler Gerechtigkeit zu tun hat.

In rechten Kreisen wird die Landwirtschaft oft im Zusammenhang mit der Förderung der “Heimatentwicklung”, der Schaffung von “Lebensraum” für „Österreicher“ und der Wahrung der “ethnokulturellen Identität” diskutiert. Auch die “österreichischen Bauern” werden positiv hervorgehoben. Und es wird die Idee der “Versorgungssouveränität” propagiert, die besagt, dass Österreich unabhängig von ausländischen Nahrungsmittellieferungen sein sollte.

Wie können wir menschenverachtenden Denkmustern und Ideologien entgegenwirken?

Menschenverachtende Positionen brauchen einen fruchtbaren Boden, um sich zu vermehren. Deswegen ist es wichtig, in allen Lebensbereichen genau hinzuhören, eigene Denkmuster zu hinterfragen und sich als agrarpolitische Gruppe zu positionieren. Aber zuerst müssen rechte Argumente und Einfallstore erkannt werden, um ihnen etwas entgegenzusetzen und global gerechte und solidarische Antworten zu formulieren. In dem Sinne veranstalten wir eine Workshopreihe zu rechtsextremen und antidemokratischen Positionen in der ökologischen Landwirtschaft (siehe Veranstaltungsankündigung hier).

Im Rahmen des Workshops werden die Teilnehmer*innen für die historischen sowie aktuellen Verflechtungen des Natur- und Umweltschutzes, insbesondere der biologischen Landwirtschaft mit extremrechten Ideologien sensibilisiert. Sie erlernen, demokratiefeindliche und menschenverachtende Denkmuster im Natur- und Umweltschutz zu identifizieren. Darauf aufbauend erarbeiten und diskutieren wir mögliche Handlungsoptionen im Sinne der Prävention und Intervention.

Anna-Sophie Wild, aktiv bei FARN – Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz

Viele hilfreiche Publikationen zu diesen Themen finden sich hier auf der Website von FARN

Dieser Artikel ist zuerst in der ÖBV-Zeitschrift “Wege für eine Bäuerliche Zukunft” Nr. 378/3 (2023) erschienen.

—-

Die Workshopreihe “Rechtsextreme und antidemokratische Positionen in der ökologischen Landwirtschaft” wurde
gefördert aus den Mitteln der Österreichischen Gesellschaft für politische Bildung. https://www.viacampesina.at/wp-content/uploads/2022/12/logo_oegpb-768x214.jpg