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Wir grüßen die Bäuerinnen und Bauern in Indien! published on

Wir grüßen die Bäuerinnen und Bauern in Indien!

Solidaritätserklärung von La Via Campesina und anderen globalen sozialen Bewegungen.

Ein großer Sieg für die Macht der Menschen!

Es ist ein großer Sieg für die protestierenden indischen Bäuer:innen, die fast ein Jahr lang einen historischen Aufstand durchhielten: Die indische Regierung kündigte am 19. November die Aufhebung von drei umstrittenen Agrargesetzen an, die den Agrarsektor des Landes zu privatisieren drohten. Es ist inspirierend, was die Menschen selbst unter den widrigsten Bedingungen erreichen können.

Der indische Bauernprotest, eine der größten Mobilisierungen der jüngeren Geschichte, wird am 26. November 2021 ein Jahr alt. Im Verlauf dieses historischen Protests haben Bäuer:innen und Arbeiter:innen Kälte, schweren Regenfällen, brutalen Razzien und einer Reihe von Kampagnen getrotzt, die versuchten, die Protestierenden und ihre Unterstützer:innen zu kriminalisieren, zu inhaftieren, zu diffamieren und zu delegitimieren.

Nach Angaben von Samkyukta Kisan Morcha, der Koalition, die diese Proteste anführt, sind im vergangenen Jahr mindestens 650 Bäuer:innen bei den Protesten ums Leben gekommen. Darunter sind fünf Bauern, die im Oktober 2021 auf abscheuliche Weise von einem Auto niedergemäht wurden, das angeblich vom Sohn eines Bundesministers gefahren wurde.

Trotz aller Widrigkeiten und repressiven Maßnahmen brechen die Millionen von Bäuer:innen, die seit einem Jahr die Grenzen von Neu-Delhi belagern, ihren Protest nicht vorschnell ab. Zwar begrüßen sie die Ankündigung, dass die drei Gesetze zurückgenommen werden sollen, als einen Schritt in die richtige Richtung, doch ihre andere wichtige Forderung nach einer gesetzlichen Garantie für einen Mindeststützungspreis (MSP) für ihre Erzeugnisse bleibt unerfüllt. Die Regierung plant die Einsetzung eines Ausschusses, der das Beschaffungssystem transparenter machen soll. Aber die Bäuer:innen bestehen auf einer gesetzlichen Regelung. Sie fordern außerdem, dass die Regierung alle Strafverfahren, die im Laufe des Jahres gegen die Demonstrant:innen eingeleitet wurden, zurückzieht.

Die indischen Bäuer:innen haben die Welt mit ihrer Unbeugsamkeit inspiriert. Sie haben uns gezeigt, was ein gemeinsamer Kampf der Arbeiterklasse und der Bauernschaft trotz aller Widrigkeiten erreichen kann. Im Laufe des letzten Jahres hat dieser Protest Allianzen mit Gewerkschaften und anderen sozialen Bewegungen geschlossen und inspirierende Botschaften der Solidarität, der gemeinschaftlichen Harmonie und der Einheit der ländlichen Gesellschaften ausgesandt.

Wir, die Mitglieder der globalen Zivilgesellschaft, bieten den indischen Bäuer:innen unsere unerschütterliche Unterstützung und Solidarität an. Wir grüßen Eure Widerstandsfähigkeit. Ihr inspiriert alle sozialen Bewegungen überall. Wir stehen an eurer Seite, wenn es darum geht, sich gegen die Unterordnung der indischen Landwirtschaft unter eine Logik der Konzerne zu wehren, die die Ernährungssouveränität Indiens gefährdet. Euer Protest hallt bei allen bäuerlichen und indigenen Gemeinschaften in allen Teilen der Welt nach. Wir stehen geschlossen hinter Euch und verfolgen aufmerksam die täglichen Entwicklungen.

Die Bedrohung durch die Privatisierung der Landwirtschaft ist nicht nur in Indien zu spüren. Aber was für Indien auf dem Spiel steht, ist das Leben und der Lebensunterhalt von fast 600 Millionen Menschen, die mit der Landwirtschaft und verwandten Sektoren verbunden sind.

Die Geschichte lehrt uns die Gefahren einer Expansion der Agrarindustrie. Europa, die USA, Japan, Südkorea, Kanada, Australien und mehrere wohlhabende Länder sind der lebende Beweis dafür, wie die Expansion der Agrarindustrie die kleinen Lebensmittelproduzent:innen an den Rand drängt und die landwirtschaftliche Produktion auf große industrielle Betriebe verlagert. Es ist ein Modell, das Millionen von Menschen von ihren Höfen verdrängt, zu einer großflächigen Landkonzentration führt und wertvolle natürliche Ressourcen in die Hände einiger weniger bringt. Es ist ein Modell, das den kleinen Lebensmittelproduzent:innen die Autonomie und die Kontrolle über ihr Saatgut, ihre Betriebsmittel und ihre landwirtschaftlichen Maschinen nimmt. Es ist ein Modell, das groß angelegte Monokulturen begünstigt, mit verheerenden Folgen für den Planeten, die Gesundheit der Böden, die biologische Vielfalt und die Ernährungsgewohnheiten unserer Gesellschaft.

Für eine überwiegend agrarisch geprägte Gesellschaft wie Indien ist dieser Weg der Unterordnung unter eine Logik der Konzerne – vor allem, wenn die große Mehrheit der Bäuer:innen Pächter:innen und Kleinbäuer:innen sind – gleichbedeutend mit einer Einladung zur Verzweiflung für Millionen. Und wenn die Bäuerinnen und Bauern des Landes die Autonomie über ihre Nahrungsmittelproduktion verlieren, gefährdet dies die Ernährungssouveränität.

Indien ist Unterzeichner der UN-Erklärung über die Rechte der Bauern und Bäuerinnen und anderer in ländlichen Gebieten arbeitender Menschen (UNDROP), die die Verpflichtung des Staates festschreibt, den Nahrungsmittelproduzent:innen ein angemessenes Einkommen und einen fairen Preis zu garantieren (Artikel 16). Trotz ihrer Verpflichtung auf die UN-Erklärung und entgegen dem Geist dieser Erklärung hat die indische Regierung mitten in einem Pandemiejahr drei umstrittene Gesetze erlassen, ohne die Bäuer:innen zu konsultieren. Wir bestehen darauf, dass alle Versuche, die indische Landwirtschaft zu reformieren, in einem transparenten und demokratischen Prozess mit den bäuerlichen Lebensmittelproduzent:innen abgestimmt werden müssen.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Bäuer:innen in Indien mehrere Mobilisierungen organisiert, um eine gesetzliche Garantie für einen Mindeststützungspreis und einen robusten Mechanismus zur Gewährleistung einer effizienten öffentlichen Beschaffung ihrer Erzeugnisse zu fordern. Die protestierenden Bäuer:innen befürchten, dass das Fehlen einer solchen gesetzlichen Garantie privaten Unternehmen die Möglichkeit gibt, durch die Hintertür in den Markt einzudringen. Deshalb bestehen sie auf einer Gesetzgebung, die den Bäuer:innen in jedem Bundesstaat Indiens einen Mindeststützungspreis garantiert.

Als Unterzeichner des UNDROP muss Indien auf sein Volk hören und ein Verfahren zur Konsultation der Gewerkschaften einführen, bevor es Reformen einleitet. Es muss eine gesetzliche Garantie einführen, die einen Mindeststützungspreis für seine Bäuer:innen vorsieht. Es muss die Familien derjenigen anerkennen und entschädigen, die in diesem Kampf ihr Leben verloren haben. Sie muss die Schuldigen, die die protestierenden Bäuer:innen in Lakhimpur Kheri niedergefahren haben, unverzüglich vor Gericht stellen. Sie muss alle Maßnahmen einstellen, die die Sprecher:innen oder Mitglieder der protestierenden Gewerkschaften kriminalisieren, und unverzüglich den Dialog und die Verhandlungen wieder aufnehmen.

Aufruf zu weltweiten Solidaritätsaktionen:

Am 26. November werden wir, die Mitglieder der globalen Zivilgesellschaft, friedliche Solidaritätsaktionen  online und offline  zur Unterstützung der indischen Bäuer:innen durchführen.

Hashtag #SalutetoIndiasFarmers

Schickt Fotos, Statements, Videos an email:

Globalisiert den Kampf, globalisiert die Hoffnung!

Wir grüßen die Bäuer:innen in Indien! Ihr inspiriert uns!

Die vollständige Liste aller unterzeichnenden globalen sozialen Bewegungen findet sich hier (siehe unten).